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  • AutorenbildAntje

Szenenwechsel Russland



Hallo an alle Freunde, Bekannte & Unbekannte!


Die nächsten Etappen im Roadbook konnten frei gewählt werden entweder durch Finnland Richtung Süden oder durch Russland Richtung Süden. Für uns war eigentlich von Anfang an klar, dass wir durch Russland fahren wollen. Wenn schon Abenteuer, dann richtig. Dafür hatten wir uns vor der Reise Visa besorgt und haben von den Veranstaltern den Tipp bekommen, zeitig an der Grenze zu sein, da die Kontrollen dort unter Umständen sehr lange dauern können. Das haben wir dann auch gemacht und sind pünktlich um 8 zur Öffnung der Grenze bei Kirkenes mit unseren drei Autos angerollt. Die Stimmung an der russischen Grenze ist seltsam, alle sind sehr ernst und offiziell. Man muss zuerst durch eine Passkontrolle, dann muss der Fahrer des Autos (also ich) Papiere für das Fahrzeug ausfüllen, alles doppelt und dreifach. Als die dann überprüft waren, kam die Autokontrolle. Wir mussten alles einmal ausräumen, im Bus alle Schränke öffnen und der Dame erklären warum wir zwei Ziegelsteine dabei hatten. Sie hatte nur drauf gezeigt und gesagt "Why?". War irgendwie witzig. Die Steine hatten wir dabei, um den Grillfest über einem Feuer draufzulegen. Ausführliche Kommunikation mit den Russen an der Grenze ist eher nicht möglich, weil sie kein Englisch sprechen. Für uns ist aber alles glatt gelaufen und wir waren in 1,5 h mit allem durch. Dann kam leider die schlechte Nachricht, dass Nils und Janka nicht über die Grenze gelassen wurden. Irgendwas stimmte mit dem Pass von Nils nicht, aber zu dem Zeitpunkt konnten wir erstmal nicht weiter kommunizieren, sondern mussten mit jetzt nur noch 2 Autos über die Grenze. Ich kann schonmal vorweg nehmen, dass Russland wirklich alle Klischees, die ich hatte, erfüllt hat.


Tag 1 in Russland:

Wir sind dann losgestartet Richtung Murmansk. Hier war die Tageschallenge den ersten Atom-Eisbrecher zu finden, der dort wohl im Hafen liegen sollte. Bis wir aber in Murmansk waren kam erstmal lange nichts. Die Weite, die dieses Land besitzt ist wirklich beeindruckend.

Auch wenn die Landschaft im Norden eher karg ist, ist es sehr schön. Wir haben dann noch einige Militärstützpunkte passiert, inklusive Grenzkontrollen wurden unsere Pässe, glaube ich, 7 Mal kontrolliert. Die Stimmung an diesen Stützpunkten ist seltsam. Fotografieren ist verboten und irgendwie macht dort alles den Eindruck, als könnte man direkt losstarten in den nächsten Krieg. Und dann kommt der Moment in dem man weiß, dass man nicht mehr in Skandinavien ist. Anstelle von netten, roten Holzhäuschen fährt man jetzt auf eine Skyline aus Plattenbauten zu. Die Straßensituation ist durchwachsen. Mal sind sie sehr gut und mal fährt man über Schlaglöcher in die ein Kind reinfallen könnte. Besonders in Murmansk musste man sich sehr aufs Fahren konzentrieren. Es hat ja niemand Lust sein Auto dort irgendwo zu versenken. Die allgegenwärtige Reparaturmaßnahme ist übrigens, die Schlaglöcher einfach mit Ziegelsteinen wieder aufzufüllen. Funktioniert mal besser und mal schlechter. Wir haben den Atom-Eisbrecher dann natürlich auch gefunden und der Stadt aber dann recht schnell den Rücken gekehrt.



Hier gibts nichts zu sehen außer Industrie und Plattenbauten. Wir haben uns dann auf direktem Weg Richtung Süden aufgemacht und haben noch einige Kilometer runtergerissen, bevor wir in der Nähe eines kleine Ortes nicht weit von der Hauptstraße übernachten wollten. Es hat sich dann allerdings rausgestellt, dass der Ort eher ein Anhäufung von sehr baufälligen Hütten war und ingesamt wars dort nicht sehr einladend. Zwischen Murmansk und Petrosawodsk (einer Stadt etwas nördlich von St. Petersburg) ist wirklich einfach nichts. Viele ärmliche Dörfer, die Menschen fahren in Autos, die ihnen unter dem Po wegfallen und es macht den Eindruck als wäre die Zeit stehen geblieben. Im Roadbook stand für die Tage der Nord-Süd-Kreuzung Russland: Enjoy the vastness and loneliness of the country. Ja davon gibts da wirklich viel. Ob man das jetzt nach 6 Stunden Fahrt immer noch so beeindruckend findet ist die große Frage. Letzten Endes mussten wir aber irgendwo schlafen und haben irgendwo im Wald einen ganz netten Wildcamping Spot gefunden. Der einzige Nachteil war, dass wir uns diesen Platz mit 2.204.940 Mücken teilen mussten. Das ging schon etwas über lästig und unangenehm hinaus und wir haben mit 4 Mückenspiralen versucht, uns einen kleinen Platz auszuräuchern und einigermaßen angenehm draußen sitzen zu können. Hat nicht so gut funktioniert. Bären hätte es in diesem Gebiet wohl auch gegeben, aber das habe ich zum Glück erst am nächsten Tag erfahren.



Tag 2 in Russland:

An diesem Tag sollten wir bis Petrosawodsk kommen, was wir auch in einer ganz guten Zeit geschafft haben. Dazwischen ist tatsächlich nicht viel aufregendes passiert, weil dort wie gesagt, einfach nichts ist. Nils und Janka sind dann mittlerweile mit neuem Expressvisum und einem Tag Verzögerung über die Grenze gekommen. Wir dachten, dass sie uns jetzt gut aufholen können, aber als die beiden in Murmansk waren, hatte der Volvo eine Panne und die Werkstatt konnte erst am nächsten Tag besucht werden. Also nochmal ein Tag weg. Wir hatten in der Zwischenzeit einen recht netten Campingplatz in Petrosawodsk, konnten mal wieder duschen (man lernt das soooo krass zu schätzen, wenn man es nicht einfach täglich haben kann) und waren abends essen.

Um so weiter man in Russland in den Süden kommt, um so europäischer bzw. offener wird es. Viele sprechen hier Englisch und erstaunlich viele (junge) Leute sprechen Deutsch. Ich bin nach dem Essen und einem tollen Sonnenuntergang ins Bett gegangen, aber die Jungs wollten noch das Nachtleben erkunden. Sie hatten dort wohl ein sehr witziges Erlebnis mit Olga und anderen Russen. Sie haben jedenfalls Tage danach noch von der selbstmörderischen Autofahrt mit Olga zum Shishaclub erzählt. Ich habe meinen Schlafsack eindeutig vorgezogen.


Tag 3 in Russland:

An diesem Tag war St. Petersburg angesagt. Wir sind einigermaßen früh los und sind mal wieder ganz gut durchgekommen. Hier hatten wir tatsächlich mal ein Hostel gebucht, da wir so sehr zentral in der Stadt sein und auch einmal etwas davon sehen konnten. Die Navigation ohne GPS hat auch in der Stadt gut funktioniert und 100 Meter vor dem Hostel (!!!!) sagt Max plötzlich, dass irgendwas mit dem Reifen komisch ist und wir kurz halten müssen, um zu schauen, ob er in etwas reingefahren ist. Ja ist er. Wie ich schon geschrieben hatte, fallen die russischen Autos während der Fahrt in ihre Einzelteile auseinander. Und in genau so ein Einzelteil, irgendwas Massives aus Eisen, sind wir mit dem rechten Vorderrad reingefahren. Das steckte richtig tief im Reifen und da war natürlich nichts mehr zu retten.


Wir haben dann vor dem Hostel das Ersatzrad montiert. Da das aber von 1994 war und nicht unbedingt geeignet war, um den Rest der Tour damit zu bestreiten, haben wir beschlossen mit WLAN im Hostel zu recherchieren, wo wir jetzt auf die schnelle zwei neue Reifen für vorne herbekommen (damit wir auch wieder ein Ersatzrad haben). Und dann hatten wir mal wieder richtig Glück, der Freund der Tochter der Besitzerin des Hostels konnte richtig gut Englisch und Deutsch und hat für uns zuerst bei einem Reifenhändler angerufen und ist dann den ganze Weg durch den abendlichen Berufsverkehr mit mir und Moritz dort hingefahren. Zufällig hatten die nämlich noch genau zwei neue Reifen für die Bulli-Größe da, was schon ziemliches Glück war, da es sich dabei nicht um Standardmaße handelt. Russlan, der Freund der Tochter..., ist dann mit uns dort geblieben, bis alle Preisverhandlungen abgeschlossen waren. Er meinte er kann uns auf keinen Fall allein dort lassen, weil sie uns dann irgendeinen Preis sagen und wir keine Chance mehr haben zu verhandeln. Wir sind dann mit dieser Panne auch echt glimpflich davon gekommen. 100€ für zwei neue Reifen und 8€ (!!) für das Aufziehen der Reifen auf die Felgen, Wuchten, Montage..und das wichtigste war, dass die Werkstatt das alles sofort und kurz vor Feierabend für uns erledigt hat. War wirklich ein tolles Erlebnis, wie hilfsbereit hier alle waren. Moritz und ich sind dann zu den anderen gestoßen, die in der Zwischenzeit schonmal St. Petersburg erkundet und die Tagschallenge erfüllt haben.


Wir sollten eine russische Beachbar finden und dort einen Sticker abholen. War wohl nicht so schwer. Simon hatte uns dann für den Abend ein typisch russisches und etwas schickeres Restaurant herausgesucht. Wir haben wirklich gut gegessen und das Essen war wirklich etwas neues und anderes. Ich hatte so eine Art Tortellini mit Fisch gefüllt und dazu Kaviar und Béchamel Soße. Danach sind wir noch ein eine coole Bar in St. Petersburg und haben mal wieder total nette Russen kennengelernt und uns gut unterhalten. Tatsächlich konnten hier auch einige wieder Deutsch. Da es jetzt nachts wieder dunkel wurde und wir alle etwas mitgenommen waren vom vielen Fahren der letzten Tage, sind wir allerdings nicht allzu spät zurück zum Hostel. Die Nacht hier war eher unangenehm.

Das ganz Hostel hatte kein einziges Fenster und die Klimaanlage in unserem 6er Zimmer war kaputt. Es war nur heiß und stickig und man hat sich nach Wildcampen im Freien gesehnt. Bevor wir schlafen gegangen sind, haben wir noch Nachricht von Janka und Nils bekommen, dass das Auto fit ist und dass sie versuchen die Nacht durchzufahren. Und tatsächlich sind sie morgens um 6 Uhr in St. Petersburg im Hostel angekommen – endlich wieder alle vereint.


Letzter Tag in Russland:

Am nächsten Morgen haben wir uns keinen großen Stress gemacht und haben gemütlich in St. Petersburg gefrühstückt und uns dann langsam Richtung russische Grenze und Estland aufgemacht.

Diese Region um St. Petersburg ist uns von der Umgebung her sehr viel vertrauter gewesen, als alles was wir im Norden gesehen haben und es ist wirklich schön dort. St. Petersburg ist auch eine tolle Stadt, die sich sicher mal für einen Städtetrip lohnt. Auf dem Weg zu Grenze gab es dann noch einen kleinen Zwischenfall. Moritz ist gefahren und plötzlich wurden wir von der Polizei aufgehalten. Der russische Polizist hat Moritz gestikulierend irgendwas erzählt, was für uns natürlich nicht verständlich war. Moritz musste dann aussteigen und sich mit ins Polizeiauto setzen. Wir haben gewartet und in der Zwischenzeit haben ein paar andere Teams angehalten, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist. Der Teamgedanke und der Zusammenhalt waren bei der ganzen Rally wirklich toll! Jedenfalls kam Moritz dann zurück und meinte, sie hätten ihm gerade ein Video gezeigt, wie er beim Überholen eines LKWs ein Stück ins Überholverbot reingefahren ist und sie würden entweder für 3-6 Monate seinen Führerschein einziehen oder 5000 Rubel abkassieren. Wir haben die umgerechnet 65€ dann natürlich gezahlt, Quittung gabs keine und als wir danach recherchiert haben, kam heraus, dass es in Russland eigentlich keine Verkehrssünde-Strafe in solch einer Höhe gibt. Wir hoffen der Polizist hat seine Frau mal schön zum Essen eingeladen davon.

Als wir dann an der Grenze ankamen, hat sich recht schnell gezeigt, dass wir dieses Mal nicht so schnell rüberkommen werden. Eine ewig lange Schlange und kaum Fortschritt. Letzend Endes haben wir bei der Ausreise 5 Stunden an der Grenze gewartet. Die Jungs haben während des Wartens das Deutschlandspiel gestreamt, aber das war ja leider auch eher ernüchternd. Die Russen lassen sich mit allem so viel Zeit und man kann zu keinem Zeitpunkt erkennen, was genau sie jetzt gerade zu dieser unfassbaren Langsamkeit veranlasst. Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass man nach der Grenze in Estland sofort merkt, dass man wieder in Europa ist. Gar kein Vergleich zu Russland. Wir haben dann noch schnell Bier gekauft und sind so schnell wie möglich los zur zweiten Rally Party bei Tallinn, die schon längst ohne uns begonnen hatte. Russland war wirklich eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte!


Eure Antje




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